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20.-27.05.2019 eine Stunde Zeitdifferenz

…. liegt zwischen der Schweiz und Äthiopien. Doch hier tickt die Uhr anders. Es gibt die äthiopische Zeit und die internationale Zeit (Farandschi- oder Ausländerzeit). Nach äthiopischer Zeit ist der Sonnenaufgang, CH Zeit 6 Uhr = äthiopische Zeit 0, das heisst 7h=1, 8h= 2, 9h=3h usw. Fragt man einen Äthiopier, wann er ins Bett geht und er meint CH Zeit 22 Uhr antwortet er mit 4 Uhr. Wann öffnen Sie nach der Mittagspause? Er sagt 7 und meint 13 Uhr. Verwirrung pur zu Beginn unserer Reise.

Damit nicht genug: Äthiopien ist das Land der 13 Monate! Zwölf Monate haben 30 Tage und ein Monat 5 bzw. 6 Tage (Schaltjahrausgleich). Aufgrund dieser kalendarischen Besonderheit sahen wir den touristischen Werbeslogan „13 Monate Sonnenschein.“

Wir bringen unser ReMo in die Mercedes Garage zu Gautschi Rolf der seit 25 Jahren in Addis lebt. Kleinigkeiten müssen nach gefahrenen 11’000 Kilometer erledigt werden wie Motor reinigen, Filter wechseln usw.

Das VISA für Kenya ist im Pass, wir bekommen speditiv und freundlich das 3 Monats-Visum zugesprochen, bezahlbar in Dollar. Devisen sind gesucht und wir bekommen immer wieder Anfragen, Dollar auf dem Schwarzmarkt zu wechseln.

Für die Afrikadurchquerung auf der Ostroute existiert die “Comesa Yellow Card”. Bei dieser überregionalen Haftpflichtversicherung handelt es sich um einen Zusammenschluss vieler nationaler Versicherungsgesellschaften unter dem Dach der COMESA „Common Market for Eastern and South Africa“. Wir schliessen die Versicherung für 1 Jahr ab, schliesslich bin ich ja die Tochter eines Versicherungsexperten.

Was soll ich dir über Addis Abeba erzählen? Es ist eine Stadt, die mir überhaupt nicht gefällt und die mir nicht gut tut. Mal gibt es kein Wasser, mal kein Strom, mal kein Durchkommen, mal heftigen Regen, schreckliche Stadtteile, dann wieder sehr moderne – zu sehen gibt es nicht viel – ausser das Skelett, das im Nationalmuseum ausgestellt ist, und vor 3.2 Millionen Jahren gelebt hat. Als die Beatles im Jahr 1974 den Song „Lucy in the Sky with Diamonds“ sangen, hörte das Ausgrabungsteam den Song im Radio und so bekam das Skelett den Namen Lucy, sie ist unser aller Urmutter.

Wir verzichten auf Lucy weil wir raus wollen aus der Stadt. Lass mich doch noch etwas positives über die Hauptstadt schreiben. Es gibt das Bambizenter, wo wir Salami, Mortadella, Parmesan und Bohnen kaufen.

Eine 3-spurige, maudpflichtige Autobahn führt uns südwärts Richtung Lake Langano. Ist das Äthiopien? Doch 60 km später holt uns das Gewohnte wieder ein.

Der See Langano ist einer der wenigen Seen in Äthiopien, in dem das Baden ungefährlich ist. Aufgrund seines hohen Sodagehalts besteht keine Bilharziose Gefahr. Das Wasser hat eine rotbraune Färbung und fühlt sich sehr weich und seifig an. Durch die Nachbarschaft zum Nationalpark mit seiner reichen Vogelwelt ist der Langano ein beliebtes Ausflugsziel nicht nur für Touristen.

Der Name Webervogel leitet sich von einer einzigartigen Fähigkeit ab, die Vögel „weben“ ihre Nester aus Zweigen und Halmen, die kunstvoll mit dem Schnabel verwebt werden. Für den Bau sind die Männchen zuständig. Das Weibchen akzeptiert das Männchen nur, wenn es ein perfektes Nest vorweisen kann.

Gebrauchte oder kleine Nester werden nicht toleriert. Neben unserem ReMo steht ein Baum, der wie ein Weihnachtsbaum mit vielen kugelförmigen Nestern an jedem Ast geschmückt ist.

Heute ist Ruhetag! Vögel beobachten, spazieren am See, dem Körper einen Mittagsschlaf gönnen, die nächsten Reisetage vorbereiten, Post und Mails erledigen und dem Magen etwas gutes tun. All dies ist möglich im paradiesischen Sabana Beach Resort, wo wir parkieren und im ReMo schlafen dürfen. Nach Addis Abeba braucht meine Seele und meine Augen Ruhe und Schönes.

Der Abjyata Shala Lake Nationalpark liegt auf dem Weg Richtung Süden und so buchen wir kurzerhand einen Führer und sehen Tiere wie Strausse, Gazellen, Warzenschweine, Flamingos, Pelikane und mehr. Heisse Quellen fliessen dampfend in den salzigen und leblosen Shalasee.

Hawassa, unser nächstes Ziel, ist ein schmuckes Städtchen am gleichnamigen See. Wir lieben es, in der Nacht frei und in der Natur zu parken. In Äthiopien unmöglich! Kaum halten wir an für eine Pinkel-, Foto- oder Esspause, steht eine Traube von Kindern, Jugendlicher oder Erwachsener um unser Auto, betteln oder schauen zu, was wir machen.

Wir suchen Hotels mit bewachten Innenhöfen, um in Ruhe kochen und übernachten zu können. Das Gratisapp iOverlander ist dabei äusserst hilfreich. Wir klappern Hotelanlagen ab, mal werden wir abgewiesen, mal gehen wir freiwillig wieder und manchmal werden wir so freundlich empfangen, dass wir gerührt sind. So im Hotel Oasis in Hawassa. Alle nacheinander, vom Deskman, Security man, Manager, General Manager bis zum Besitzer werden wir freundlich begrüsst. Natürlich wollen ALLE das ReMo von innen sehen, natürlich behalten alle die schmutzigen Schuhe an, natürlich scheuere ich den Fussboden immer wieder. Dann beginnt das ganze Besichtigungsprozedere von neuem mit der Küchen-, Garten-, Service- und Putzmannschaft. Es entstehen so schöne Gespräche und Begegnungen, dass wir den Schmutz und die diversen Düfte gerne in Kauf nehmen. Mittels Räucherstäbchen reinige ich die Energie am Abend und beruhige mit Weihrauch oder Jasmin unsere Nasen.

Der Besitzer des Hotels Oasis lässt uns kostenlos übernachten, schenkt den ganzen Abend Gratisbier aus inkl. Snacks, zeigt uns morgens früh den Fischmarkt, bezahlt den Eintritt und lädt uns anschliessend im Hotel zum Frühstück ein. Hast du soviel Gastfreundschaft in der Schweiz schon erlebt?

Fischmarkt mit endemischen Pelikanen.

Saftiges Grün, Mais- und Gerstenfelder sowie Bananenplantagen begleiten unsere Fahrt Richtung Süden nach Arba Minch am Abaya See.

Traktoren suchen wir bei der intensiven Bewirtschaftung vergebens. Ochsen ziehen die historisch anmutenden Pflüge, Esel und Frauen mit runden Rücken schleppen Holz, Wasserkanister, Kinder und sonstiges Bagage.

Soviel Grün haben wir zuletzt in der Schweiz gesehen. In der südlichen Region leben viele Ethnien traditionell mit ihren eigenen Riten und Sitten. Das Volk der Mursi ist wohl das Bekannteste. Um die Urdörfer zu besuchen, bezahlt der Tourist Eintritt wie in einem Freilichtmuseum. Wir lesen Warnungen für den Besuch des OMO Valley im Netz. Aggressive Führer sollen sich aufdrängen, Fremde in die „Zange“ nehmen und schröpfen. Entscheidungsunfähig beschliessen wir, einen weiteren Ruhetag in Arba Minch zu geniessen.

 

Fazit der Woche: auch wenn die Uhr anders tickt läuft die Zeit. 

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