23.-30.7.2023 Märchenwelt

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Am Sonntag über die Grenze bei Colchane zu fahren ist sicher eine gute Idee. Falsch gedacht, kilometerlang stehen Camions und warten auf die Abfertigung. PW‘s und Kleinbusse bekommen Sonderrechte. Wir dürfen die Schwerfahrzeuge überholen und direkt zum Zoll fahren. Hier wird uns überall geholfen, sogar das elektronische Einreisepapier wird für uns ausgefüllt. Nach einer Stunde fahren wir bereits die ersten Kilometer in Bolivien.

Was als erstes auffällt: Die Menschen sind unglaublich klein, die Frauen tragen traditionelle Kleider, es herrscht Ordnung, die Häuser sehen komplett anders aus, es fühlt sich nicht mehr an wie reisen in Europa, es gibt viele grosse Lama Herden.

Bolivien ist 3 mal so gross wie Deutschland mit ca. 10 Mio. Einwohnern. Der Andenstaat ist dünn besiedelt und bietet eine grosse kulturelle und ethnische Vielfalt. Und genau auf diese Völker freuen wir uns.

Die Route steht fest, wir biegen kurz nach der Grenze auf eine Piste ab und wollen über den Salar Coipasa direkt zum Vulkan Tunupa und zum Nordrand des Salar Uyuni.

Mehrere Pisten sind sichtbar, es macht Spass über das Weiss des Coipasa zu flitzen. Doch dann ….. plötzlich……ohne Anzeichen……versinken wir, oh jeh. Schaufeln auspacken und die Räder frei schaufeln. Es ist reiner Lehm und sehr ermüdend auf 3700m Höhe zu buddeln. Rückwärts, vorwärts, wir graben uns immer tiefer in die schwere Pappe. Sandbleche auspacken, Räder freischaufeln so gut es geht, Rückwärtsgang rein und Go Go Go Go. Wir schaffen es, Gott sei Dank. Gringos machen die ersten Salzpfannen Fahrversuche. Das nenn ich mal einen Start in Bolivien!

Die Fahrt zum Vulkan Tunupa auf Alternativ Piste ist zwar holprig aber sehr schön. An mehreren Orten fragen wir nach, ob der ganze Salar de Uyuni durchquert werden kann mit Bänzli von Nord nach Süd? „Ich glaube schon,“ sagen alle. So fahren wir zum Nordeingang. Wir halten einen älteren Herrn mit Motorrad an der gerade in die Salzpfanne reinfährt und fragen erneut. Er lacht uns breit an und ruft uns zu:“ Fahrt rein, euch passiert nichts, alles ist sicher.”

Eine Märchenlandschaft in weiss verzaubert uns, die ersten 38 km zur Fischer Insel sind unbeschreiblich schön. Die Nacht im Salar zu verbringen ist ebenso traumhaft wie kalt. Und, man kann’s kaum glauben, wir treffen Westschweizer inmitten von Nirgendwo.

Auf der Treppe zum Himmel grüsse ich all unsere Lieben, die uns voraus gegangen sind.

Stairway to heaven

Da fehlt doch die CH Fahne!

160 km fahren wir durch die weisse Märchenwelt und geniessen jede Minute. „Hay, isch das scheen,“ rufen wir immer wieder aus. Mit einer Fläche von über 11.000 Quadratkilometern ist er der grösste Salzsee der Welt.

Auf der Isla Incahuasi, die mit gigantischen Kakteen bewachsen ist und mitten im Salar steht, wohnen sogar ein paar Menschen samt Katze.

Das weisse Gold zieht in den Sommermonaten (Dezember) viele Touristen aus aller Welt an. Dann ist Regenzeit, es ist weniger kalt und der Salar verwandelt sich oft zu einem riesigen, spiegelnden See.

Die Dakar Rallye kommt 2016 in Bolivien vorbei

… und s’Gloorä 2023. Was für ein beeindruckendes Erlebnis.

Vor vielen Jahren sehen wir in Stans das slowakische Märchen „Salz ist wertvoller als Gold.“ Genau in eine solche Märchenwelt tauchen wir ein beim einchecken ins Salzhotel am Rande der Salzpfanne.

Milliarden von Salzblöcken sind nötig, um das Palacio de Sal zu bauen. Wände, Decken, Betten, Stühle, Tische, Kunstwerke  – fast alles ist aus Salz.

Doppelzimmer und Suiten mit eigenem Bad, Heizung samt Wärmedecke, warmem Wasser und Blick auf die weisse Wüste auf 3650 Höhenmeter gilt als Pflichtprogramm der verwöhnten Internationalen.

Vom grosszügigen SPA samt Schwimmbecken in Thermaltemperatur beobachten wir den Sonnenuntergang und geniessen das rundum Wohlfühlprogramm. Geplant sind 2 Nächte doch schon in der 1. Nacht sehne ich mich in unser Minibett im ReMo zurück. Aus zwei Märchennächten wird eine.

Niemand bleibt freiwillig im wüstenstaubigen Städtchen Uyuni. Die Bevölkerung verschläft den Tourismus als Einnahmequelle zu nutzen. Davon profitieren nur die zwei 5 Sterne Hotels am Salar und etlichen Touren Anbieter.

Einzig der grösste Eisenbahnfriedhof der Welt am Rande der Stadt lockt Touristen an. 100 Lokomotiven und Wagen aus dem 19. Jahrhundert rosten hier gemütlich vor sich hin.

Uyuni, einst DER Eisenbahnknoten mit Betriebswerken bricht zusammen, als diverse Minen, (Mineralien, Kupfer, Gold, Silber) eingestellt werden. Lokomotiven und Wagen werden dem Verfall preisgegeben.

Benzin und 2 Ersatzkanister, Additive im Diesel, leerem Wassertank und Leitungen, Thermowäsche unter dem Kopfkissen, 2 Bettflaschen in Reichweite, vorgekochten Mahlzeiten und viel Zuversicht fahren wir los. Es gibt diverse Wegführungen und Einstiege in die Lagunen Route. Wir wählen die einsame Westliche und biegen vor dem Cerro Caquelleo auf die Piste ab.

Steinige, enge Kurven führen uns zur Laguna Hedionda. Einmal mehr staune ich ob der Fahrkunst meines Wernis und dem kraftvollen Einsatz von Bänzli. Ehrlich, ich könnte solche Abschnitte nicht fahren. Flamingos, Farben, Natur und die geringe Höhe unter 4000 Metern würden zum Übernachten einladen. Wir sind noch fit und es zieht uns weiter.

Wir wollen heute noch durch den Cañón de las Vizcachas. Laut Guide in Uyuni soll es hier Abschnitte geben, wo wir mit dem Sprinter nicht durchkämen. Sag das meinem Werni! Er kneift die Augen zusammen, seine Mundwinkel ziehen sich nach oben, eine Aura der Marlboro Männlichkeit überkommt ihn und dann weiss ich: Jetzt wählen wir diese Route erst recht.

Es ist eine Fahrt durch eine einsame Wildnis aus Steinen, Sand, Lagunen und 6000er Berge. Schön ist die Schlucht doch bei anstrengenden Teilen vergisst man oft die Schönheit zu fotografieren. Wir kommen problemlos durch, an Wellblech- und steinigen Abschnitten haben weder Passagiere noch Bänzli Freude. Bei herrlichen Felsformationen finden wir auf 4600 Metern einen geschützten Platz zum Übernachten.

Trotz minus 10 Grad frieren wir die ganze Nacht nie, bei jedem Drehen im Bett beginnt das Herz aber zu rasen als ob wir kurz vor dem Brisen-Gipfel stünden, die Fingerbeeren kribbeln ob dem Sauerstoffmangel. Erholsamer Schlaf sieht anders aus. An die Eisblumen an den Innenfenstern sind wir inzwischen gewöhnt, wir haben viel dazu gelernt.

Zu kalt zum Frühstücken fahren wir weiter zur Laguna Colorado. Wir bezahlen den Parkeintritt (Reserva Nacional de Fauna Andina Eduardo Abaroa) und füllen den Magen beim Aussichtspunkt. Besser als in einem Geo Film präsentiert sich uns die Lagune.

Flamingos direkt vor uns, wechselt die Lagune fast in Sekunden ihre Farben von blau über erdig über Kupfer farbig, tief braun bis hin zu rot. Der Kontrast des stahlblauen Himmels, der braunen Berge, dem weissen Salz und der braun roten Lagune kann schöner nicht sein.

Was für ein Naturschauspiel, eine Stunde staunen, beobachten, verbunden mit Dankbarkeit, was wir alles sehen und erleben dürfen.

Vorbei an aktiven Geysiren, dem Stein Baum, Thermen und wunderschöner Landschaft erreichen wir die weisse und grüne Lagune.

Im Hintergrund der perfekt geformte Vulkan Licancabur. Die Berge sind wie mit Sandpuder überzogen, leuchten einmal in gelb, weiss, ziegelfarbig oder braun.

Ein Wermutstropfen der ganzen Lagunen Rute sind die vielen Fahrspuren, die die Landschaft doch beträchtlich stören. Diese entstehen weil es einfach keine akzeptable Hauptpiste gibt (Wellblech, Steine) und jedermann eine bessere Option sucht. Schade!

Im wohl höchst gelegensten Zollhaus der Welt bekommen wir eine freundliche aber sehr gründliche Durchsuchung unseres Reisemobils.

Das wenig verbleibende Gemüse/Früchten/Eier geben wir ab. Dann entdeckt die Dame die vielen Kaffeekapseln. „Die müssen verzollt werden,“ meint sie. Werni erklärt ihr, dass wir den grössten Teil im Jumbo in Chile gekauft hätten – die Beamtin lenkt ein.

Wieder in San Pedro de Atacama wird alles entstaubt, Auto, Wäsche, Haare, Bett – wo sich der Staub nur überall einschleicht? Wir sind uns einig, jetzt haben wir genug von Höhen, Pisten, Kälte und Entbehrungen.

Auf wunderbarem Asphalt fahren wir diesmal den echt schönen Jama Pass in umgekehrter Richtung zurück nach Argentinien. Beim Anstieg (2000 Höhenmeter) auf wieder 4800 Meter hoch merken wir zum ersten Mal einen leichten Kraftverlust des Motors. Ansonsten hat Bänzli die 8 Tage konstante Höhen über 3500 – 4800 Meter trotz DPF bestens gemeistert, Glück gehabt.

 

Fazit der Woche: Eintauchen in Märchenwelten sind für Jung und Alt schön.

 

Gefahrene Wochenroute

 

3 Kommentare zu „23.-30.7.2023 Märchenwelt

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