8.-15.10.2023 wir sehen braun

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Ob die Fotosynthese auch funktioniert, wenn die Bäume, Palmen und Pflanzen von Staub überdeckt, mit einer dicken Schicht braun eingehüllt sind?

Auf 60 km der Transamazonica ist der Erdweg von einer dicken Schicht Feinstaub überzogen. Plötzlich sehen wir nur noch braun.. Staub… ..nichts!

….es ist wie fahren in braunem Nebel…..

…. und liest Timon diesen Wochenbericht muss er jetzt sicher laut lachen weil er weiss, wie sehr Werni Feinstaub hasst. Wir wünschten uns etwas Regen – und tatsächlich zieht ein Gewitter auf. Doch die Tropfen lösen das Problem nicht, es staubt fröhlich weiter.

Es sind strenge 60 km – die Nebellampen und Warnanlage sind im Dauereinsatz, unser ReMo überzieht sich aussen wie innen mit einer Ockerschicht.

Die Pflanzenwelt erwartet den ersehnten Regen um das Staubkleid los zu werden.

Es wird besser….

…. und noch besser. Nach 553 km und 9 h Fahrt kommen wir in Altamira, dem Städtchen am Fluss Xingu an. Beim Googeln über Altamira kommt mir dieser Artikel aus dem Jahr 2019 entgegen:

Altamira: In einem Gefängnis in Brasilien ist ein brutaler Kampf zwischen verfeindeten Banden ausgebrochen. Die Zahl der Toten ist auf mindestens 57 gestiegen. 16 der Häftlinge sind während der mehrstündigen Gewalt am Montag enthauptet worden. Traurige Geschichte.

Werni ist nicht fit, wir kürzen die nächste Etappe auf 340 km ab, früh schlafen, früh aufstehen.

Die Strasse 230 heisst zwar Transamazonica, führt aber bei Weitem nicht nur durch Regenwald. Es gibt ihn immer wieder in grossen Flächen, den unberührten Wald.

Aber auch abgebrannte und gerodete Flächen…

Kakao Anbau Gebiete..

weitere Mehlstaubpisten …

Fähren..

Waldbrände…

Monokulturen über grosse Flächen (Ölpalmen)….

Siedlungen

Kahlschlag im Brand-Rauch

… und zum Abschluss wieder gesunder Wald bis nach Belém. Waldrodungen machen Platz für Siedlungen, Ausweitung von Landwirtschaft, insbesondere für Viehzucht, Holzgewinnung, Bergbau usw. Was wir nicht verstehen sind die vielen brach liegenden Rodungs-Flächen die weder aufgeforstet noch anderweitig genutzt werden. Sie liegen einfach trostlos da.

Die Einfahrt nach Belém, die Stadt nahe am Äquator, mit viel Verkehr und sehr engen Gassen bis zum Hotel, verursachen mir einmal mehr Uterus Krämpfe und ich bin froh, als Bänzli sicher eingeparkt in der schmalen Garage steht.

Belém gefällt uns auf Anhieb. Die engen Gassen, die schöne Flusspromenade, die Märkte, Kirchen und vor allem das Estação das Docas. In der ehemaligen Hafenanlage, zu einer „Fressmeile“ umfunktioniert, trifft man sich, trinkt ein hausgebrautes Bier, präsentiert, observiert, diniert – einfach ein toller Ort mit einer steten Flussbrise.

Die Basilica de Nazaré ist ausgebaut mit Marmor aus Carrara und bunten Fenstern.

Das Museu Paraense Emílio Goeldi ist eine Forschungseinrichtung und Naturkundemuseum. Von Domingos Soares Ferreira Penna gegründet wird es vom Schweizer Naturforscher Emil Göldi reorganisiert. Unter seiner Leitung erlangt das Museum internationales Ansehen.

Der dazu gehörende botanische Garten ist wunderschön und beherbergt viele Tiere.

Das 19. Jahrhundert ist Blütezeit der naturkundlichen Expeditionen in das Amazonasgebiet. Mit der Öffnung der Häfen 1808 kommen Forscher aus aller Welt. Belém entwickelt sich zur Metropole.

Wir bekommen täglich mehrere Warnungen von Einheimischen. Belém ist ein gefährliches Pflaster. Immer auf der Hut erkunden wir die lebendige Stadt.

Zum Glück sind Bilder ohne Geruch, Rabgeier überall.

Von Forte do Castelo aus schöner Blick auf renovierte Häuser.

Cathedrale von Belém

Im Theatro da Paz hören wir ein so berührendes Konzert das uns die Herzen für Brasilien noch weiter öffnet. Das Orquestra Synfônica Brasileira spielt Volksmusik von Indigenen, untermalt von Tänzen, Sitten und Landschaftsbildern auf Leinwand; Dann urbane Volksmusik und im dritten Teil Carimbó vom Norden. Das Orchester, die Stimmung, die Bilder, die Rhythmen – genial. Eine indigene junge Frau singt ein Lied, macht auf die Wichtigkeit des Amazonas für die verschiedenen Stämme aufmerksam, betreibt auf liebliche Art Umweltschutz. Wir sind begeistert.

Das Konzert ist gratis, die Besucher bringen mindestens 1 kg unverderbliche Nahrungsmittel mit die an verschiedene Stämme verteilt werden.

Das Beste zum Schluss. Die 84 jährige Dona Onete, Politikerin, Lehrerin, Umweltaktivistin kommt im Rollstuhl auf die Bühne. Ihre Gesangskarriere beginnt mit 73 Jahren als eine Band sie durchs offene Fenster ihres Hauses singen hört. Sie versprüht Lebensfreude pur, ihre Stimme ist immer noch schön, ihre Musik macht glücklich.

Das Video ist vor dem Mercado Ver-o-Peso in Belém gedreht. So eine verrückte Alte möchte ich mit 84 auch noch sein.

Blick vom Hotelfenster.

Heute ist mir nach experimentieren. Zur Vorspeise teste ich Tacaça, die Suppe die überall gegessen wird. In einer Kokosschale serviert ist die gelbe, saure Flüssigkeit aus Maniok, dem grünen Gemüse (Jambu) das wie Spinat schmeckt, Amazonasshrimps und einer scharfen Sauce eine ganz neue Geschmacksrichtung.

Die Açai-Beere gilt schon lange als „Superfood”. Sie soll Krebs heilen, schlank machen, Falten verschwinden lassen, vor Herzkrankheiten schützen und besonders reich an Antioxidantien sein.

In der Region Parà wird Açaí in dicker Konsistenz pur als Hauptmahlzeit gegessen. An die Farbe, Dicke und Bitterkeit muss ich mich zuerst gewöhnen. Ich löffle die ganze Tasse aus – die Beere soll ja gegen Falten sein und sogar Werni probiert den kalten Brei.

Den letzten Abend in Belém lassen wir nochmals am Estação das Docas ausklingen. Was für erholsame und schöne Tage durften wir hier verbringen.

Jetzt heisst est wieder Gas geben, viele 1000 km liegen vor uns.

 

Fazit der Woche: Brasilien wir lieben dich!  

 

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