Puerto Natales ist ein beschauliches Städtchen voller internationaler, hauptsächlich junger Menschen die mehrtägige Trekkingtouren um die Torres im NP planen oder von dort kommen. Viele gute Restaurants und Bars reihen sich aneinander und versprechen leckere Essen von Pizza bis zu Guanaco-Filet.
Die Stimmung im Camp mit schöner Sicht auf Puerto Natales ist düster wie das Wetter. Nebelschwaden ziehen die Mundwinkel der Gäste nach unten, keiner hat Lust auf Gespräche, die Online Buchungen für den Park funktionieren bei niemandem, es ist kaum ein freundlicher Gruss zu entlocken.
Alle Eintritte für die Nationalparks in Chile können nur Online gebucht werden. Auch wir scheitern 3 mal beim Buchungsversuch, https://aspticket.cl übersäuern leicht und suchen die Fehler wieder mal bei uns. Beim 4. Versuch mit dem iPad klappt es dann plötzlich, wir haben 3 Tage Torres del Paine mit QR Code auf dem Mail. Das Wetter wechselt hier so schnell wie die Launen eines Pubertierenden und so hoffen wir trotz düsteren Vorhersagen auf etwas Wetterglück.
Am Morgen früh stehen wir am Fährenschalter in Puerto Natales und fragen nach, ob es noch einen freien Autoplatz für den 09.03. nach Puerto Yungay gibt? Leider nein, gibt die nette Dame Auskunft, die Fähre ist seit Monaten ausverkauft. Wir sollen am 08.03. wieder kommen, vielleicht haben wir Glück und erhaschen einen Absageplatz?
Wir fahren über das Südportal beim Rio Serrano in den Torres del Paine Nationalpark. Geplant ist eine 4 – 5 h Wanderung zum Mirador Ferrier. Abseits der Hauptwege bietet der Aussichtspunkt einen einzigartigen Panoramablick auf grosse Teile des Nationalparks. Wir fahren in eine dicke Regenwand und anstelle der Wanderung schlürfen wir einen Kaffee mit Gipfäli im Hotel Grey. Schade schade!
Die Strassen im Park sind alles andere als erfreulich. Entweder rumpelt es durch Schlaglöcher oder man rattert über Waschbrett. Wir fahren fast 80 km, erhaschen manchmal einen kurzen Blick auf die Granittürme bevor sie sich wieder verhüllen. Die Wetterfee lässt uns am 1. Tag im Stich. Trotzdem positionieren wir uns für die Nacht beim Wanderausgangspunkt zum Mirador del los Torres, eine 20 km Wanderung mit herrlichstem Blick auf die Türme.
Die Nacht ist windig, kalt – der Morgen ebenso. Der Aufstieg ist wettermässig möglich aber nicht optimal, es liegt Neuschnee und wir fragen uns, ob wir wirklich Lust auf 20 km laufen, 1000 Höhenmeter und auf Gänsemarsch (enorme Wanderansammlung) haben? Haben wir nicht! Die Torres hüllen sich bereits um 8 h wieder in Nebel, der Wind legt sich nicht. Im Gegenteil, die Böen schaffen es, unsere Dachluke aufzureissen, so dass wir sie zusätzlich mit Schnur verriegeln.
Es bleiben uns schöne Bilder der Granittürme aus dem Reiseführer und Fotos von Overlandern. Trotzdem dankbar, was für Wunder dieser Welt wir bereisen und sehen dürfen, fahren wir zum See Azul. Es ist ruhig am See, keine Busse die massenhaft Gäste bringen, nur ein paar Vogelbeobachter und wir.
Frühe Morgenstimmung
Das Wetter klärt sich, wir entscheiden eine längere Wanderung zu machen und danach die Hotspots des Parks anzufahren. Da klopft es an der Tür, Jet und Peter sind da, mit ihnen haben wir den Tisch geteilt bei der Schiffsreise in die Antarktis. Schön sie wieder zu treffen.
Torres del Paine, die massiven Berg- und Granittürme, die sich in Inselform erheben, sind schon sehr eindrücklich. Die Massenansammlung, über 200’000 Gäste in den Sommermonaten, sind jedoch abschreckend. Es gibt wenige Wanderungen, die man fernab der Menge laufen kann. Uns auf jeden Fall reichen 3 Tage im Tummelplatz.
Wir finden einen schönen und ruhigen Übernachtungsplatz nahe am Lago del Torro, da kommt Christiano, ein Chilene, und lädt uns zu sich direkt an den See ein. Er betreibt einen Camping für Dauergäste die Ruhe suchen und fischen. Mehrfach erwähnt er, dass wir seine Gäste sind. Was für ein netter Kerl! Wir bekommen eine warme Dusche und die Einladung, so lange zu bleiben wie wir wollen.
Leider habe ich wenig Fotos vom NP weil die SD Karte nicht von alleine in die Nikon kommt. So ein Mist aber die Bilder sind im Herzen verewigt.
Schon um 14 h stehen wir am 08. wieder am Fährenschalter in Puerto Natales und fragen nach einem freien Platz. Leider nein, ist die Antwort. Wir sollen in 2 h wieder nachfragen. Bangen, hoffen, Herzklopfen – die Weiterfahrt beschäftigt uns. Klappt das mit der Fähre nicht heisst das für uns zurück nach Argentinien und fast den gleichen Weg 1000 km hoch fahren wie wir runter gekommen sind. Durch den patagonischen Teil des Südens von Chile führt keine Strasse.
Unser Leitfaden „es kommt wie es kommt“ tröstet uns im Moment wenig. Da klopft es an unsere Autotüre, wir bekommen die frohe Botschaft, dass wir einen Fährenplatz haben. Mein Freudenschrei ist weit, sehr weit zu hören. Danke Glücksstern!
Rückwärts fahren wir um 20 h in die Fähre die nur für 24 Autos Platz bietet. Die Reise dauert 50 Stunden und führt durch ein Labyrinth von Kanälen an der Westseite des Patagonischen Inlandeises (Campo de Hielo Sur) vorbei. Bei Wetterglück kann man einen Blick auf die Gletscher erhaschen und Delfine sowie im Winter Wale sehen.
Wetterglück haben wir am 1. Tag nicht. Es ist windig, regnerisch, neblig, kalt. Wir essen gemütlich im Auto, die Heizung ist auf 21 Grad eingestellt, wir lesen im Chile Reiseführer und bereiten die Fahrt über die Carretera Austral vor.
Die 1247 km lange Südstrasse Chiles, die erst seit den 1970er Jahren durch die Wildnis führt und durch Diktator Pinochet erbaut wird, soll Chiles schönste Route in die Einsamkeit sein. Diese Carretera Austral möchten wir bei Kilometer Null beim Dorf Villa O’Higgins beginnen und die abenteuerlichen (so beschreibt unser Führer die Route) 1247 km Richtung Norden nach Puerto Montt und weiter fahren.
Auch der 2. Tag auf der Fähre ist regnerisch. Wir ziehen uns immer wieder warm an und gehen aufs Deck um etwas von der schönen Inselwelt zu sehen. In Puerto Eden, einem 180 Seelen Dorf, werden Lebensmittel, Holz, Diesel – ja sogar ein Kühlschrank abgeladen. Was für Ruhe suchende Seelen müssen das denn sein die hier im Labyrinth der Inseln und Abgeschiedenheit wohnen?
1 Stunde zu früh erreichen wir Puerto Yungay. Wir vertreiben die Wartezeit auf die nächste Fähre nach Rio Bravo mit netten Gesprächen mit den Italienern Anna und Amadeus.
Es ist trostlos, es regnet und wir haben Sehnsucht nach Wärme. Trotzdem führt unsere Fahrt nochmals 100 km südwärts, wir brauchen einfach unbedingt 1 Foto vom Ende resp. Anfang der Carretera Austral.
Die Schotterstrasse führt durch wunderschöne Landschaft. Regenwälder, Sümpfe, Seen und Gletscher verwöhnen uns im Wechsel. Wieso heisst der Regenwald Regenwald? Der Regen gibt sich alle Ehre! Echt schade!
Die Carretera Austral endet 7km südlich von Villa O’Higgins. Ab hier geht es nur noch zu Fuss, per Boot, Fahrrad, Pferd oder Esel weiter.
Villa O’Higgins liegt da wo sich sämtliche Tiere gute Nacht sagen nämlich am Ende der Welt. Sogar die Tomaten und sämtliches Gemüse haben Endwelt-Stimmung und schimmeln in den Supermärkten (4 an der Zahl) vor sich hin. Unsere Einkaufstasche bleibt leer.
Das Wetter, der Einkauf, der Camping der eher einer Müllhalde mit Eintritt ähnelt (jedoch saubere Duschen) und die Villa O’Higgins schlagen uns auf die Stimmung. Sicher bleiben wir, falls sich das Wetter nicht klärt, keinen Tag länger hier.
Wir knipsen die Fotos die bei keiner Reisedokumentation fehlen dürfen und beginnen etwas mürrisch bei Kilometer Null unsere Reise Richtung Norden. Carretera Austral – wir kommen!
Fazit der Woche: Regen macht wenigstens schön 😀
Ihr Lieben, ich spüre schon die Kälte wenn ich eure Bilder sehe. Brr…und dann die schönste Route der Einsamkeit, na ja Fuchs und Hase werdet ihr hoffentlich begegnen. Wenn es sie gibt in Chile?! Aber ihr werdet immer wieder überrascht und auch das „Staunen“ ist euch geblieben. Ausserdem seid ihr positiv und auch eure Mundwinkel dürfen mal nach unten.
Ich geniesse das Erwachen des Frühlings und das zieht meine Mundwinkel definitiv in die Höhe. Frohe Reiselust mit vielen wunderbaren Erlebnisse.
Alles Liebe