Nicht ganz auf der Höhe sein – das kann einem in den Bergen und auf Höhen von über 3500 Meter schnell passieren. Der Sauerstoff ist knapp. Wir reagieren mit Herzklopfen, strengerer Atmung und Kopfschmerzen. Da müssen wir durch, möchten wir die nächsten 7 Tage noch im Hochland Äthiopiens verweilen.
Wir holpern ab Debark auf einer anspruchsvollen Piste durch traumhafte Berglandschaft Richtung Aksum (Axum)
Tal hoch, Tal runter – das wiederholt sich X-mal. Eine Serpentine reiht sich der Nächsten an. Wir werden der Strecke jedoch nicht überdrüssig, gibt es so viel an Naturschönheit zu sehen…….
…. und zu erleben
Schuluniform in Türkis, vor allem an den Jungs smart!
Wir nehmen uns für die aufwändigen 248 km zwei Tage Zeit und treffen am 22. April bei strömendem Regen in Aksum ein.
Schutz unter einem Stein vor dem Regen.
Heute ist Aksum vor allem durch seine bis zu dreißig Meter hohen Stelen berühmt.
Sie sind jeweils aus einem einzigen Stück Granit gehauen und haben wohl Gräber gekrönt. Wie die zum Teil 500 Tonnen schweren Rohlinge über viele Kilometer transportiert wurden, ist immer noch rätselhaft.
Die neue Kathedrale zur heiligen Maria wurde 1965 unter Kaiser Heile Selassie I. errichtet.
Die orthodoxen Christen in Äthiopien sind überzeugt, dass die Originale Bundeslade mit den Tafeln der 10 Gebote in oben abgebildeter Kapelle aufbewahrt wird. Gott selber habe dieses Land auserwählt und Axum wird als die heilige Stadt Äthiopiens betrachtet. Ein Mönch bewacht als Hüter die Bundeslade. Er schläft nur 2 Stunden pro Tag/Nacht und isst nur 1 Mahlzeit um 07 Uhr, meist eine Injera mit Bohnen (Nationalgericht). 22 Stunden betet er vor der verhüllten Lade. Kurz vor seinem Tod bestimmt er einen Nachfolger. Da niemand ausser dem Hüter je in die Nähe der Bundeslade darf, wird ihre Existenz angezweifelt bleiben. Abenteurer, Forscher, Indiana Jones und Gläubige werden aber weiter nach ihr suchen, in Israel, Jordanien und Äthiopien – vermutlich vergeblich. Wer den Zauber und die spirituelle Macht Aksums erlebt, beginnt jedoch möglicherweise selbst daran zu glauben, dass es die Bundeslade wirklich gibt – im Hochland Äthiopiens, in einer kleinen Kirche, bewacht von einem einzigen Mönch.
Werni bewirbt sich als Nachfolger des aktuellen Hüters!
Das Injera (Nationalgericht) ist ein weiches, gesäuertes Fladenbrot aus Teffmehl. Das Mehl wird mit Wasser zu einem Teig vermischt, der einige Tage gären muss. Dann werden daraus auf heißen Tonplatten Fladen gebacken.
Man reißt Stücke vom Injera mit der rechten Hand ab und greift sich damit eine mundgerechte Portion und tunkt sie in scharfem Bohnen,- Tomaten- oder Fleischragout. Die Injera ist nicht unsere Lieblingsspeise, aber auch nicht so schlecht wie von vielen Overlander beschrieben.
In Nordäthiopien ist das Angebot an Gemüse und Früchten auf dem Markt überschaubar. Es gibt Kartoffeln, Zwiebeln, Tomaten, Knoblauch, scharfe Peperoni, Kabis, Randen und Früchte wie Mango, Bananen und kleine, sehr saure Orangen.
Ein Tagesausflug führt uns nach Yeha, ein Dörfchen in der Tigray-Region mit besonders fruchtbaren Böden. Außerordentlich gut erhalten ist der Yeha-Tempel.
Das Kloster Debre Damo kann nur durch ein Seil, das entlang des 24 Meter hohen Felsens gespannt ist, erreicht werden. Es ist bekannt durch die erste in Äthiopien errichtete Kirche.
Werni wagt die Kletterpartie! Das Kloster wird trotz seiner abgeschiedenen Lage regelmäßig von Touristen aufgesucht. Frauen sind im Kloster auf dem Tafelberg nicht erwünscht.
So warte ich unten am Berg und verhandle und diskutiere mit einem der Führer und Kletterhelfer über deren Preispolitik. Die „Führer“ hier sind unfreundlich, abweisend und verlangen unverschämte Preise für 2 mal 6 Minuten Arbeitseinsatz. Unser Gespräch ist spannend, mein Erfolg gering. Immerhin entlocke ich dem wirschen 27-jährigen ein Lachen. Wir fahren zurück nach Aksum, da wir das Osterfest (1 Woche später als in der Schweiz) miterleben möchten.
Das Niederwerfen vor Gott ist spirituell wie konditionell beeindruckend. In schneller Abfolge und in innigem Gebet küssen Frauen wie Männer den Boden und richten sich wieder auf. Das machen sie bis zu 500 mal und mehr, mit längeren Pausen dazwischen.
Wir wohnen der Zeremonie mehrere Stunden bei. Zwei süsse Mädchen suchen unsere Nähe und drücken sich über eine längere Zeit immer wieder an uns. Wie sich Menschenleben kreuzen und wieder trennen rührt mich.
Gabis sind fest gewobene Tücher, fast schon so groß wie Decken, und werden von Männern getragen. In Netelas, aus feiner Baumwolle, hüllen sich die Frauen und Mädchen ein.
In das Karfreitagsritual mischen sich immer wieder kleine Touristengruppen. Es gibt diskrete in angepasster Kleidung und es gibt welche in kurzen Hosen, ohne Kopfbedeckung und wild mit Selfiesticks um sich knipsende, die auch noch grosszügig Geld an Kleinkinder verteilen für 1 Foto. Wen wunderst, dass bettelnde Kinder immer mehr werden?
Zum Schluss der Zeremonie klopfen alle mit den Schuhen auf den Boden, wirbeln eine Staubwolke auf und vertreiben mit diesem Ritual den Teufel. Friedlich ist der Heimweg zu Fuss inmitten der Masse von Jung bis Alt.
Am Karsamstag ist der grosse Einkaufstag der Frauen. Am Ostersonntag wird das Fasten mit einem Festmahl gebrochen. Es gibt Huhn und Bier und viele betrinken sich nach der langen Zeit der Abstinenz.
Die Hühner werden lebendig gekauft und jede dritte Frau trägt ein Federvieh unter dem Arm.
Nach all den Osterfeierlichkeiten ist es Zeit, Aksum zu verlassen. Unser nächstes Ziel sind die Felsenkirchen von Tigray. Wieder mit Guide, Scout und der Dorfjugend flankiert machen wir uns auf den anspruchsvollen, 1.5 stündigen und steilen Aufstieg.
Doch die Mühe lohnt sich! Von aussen kaum sichtbar, öffnet uns ein ehrwürdiger Priester die Tore zur Kirche Gebre Mikael Koraro, die aus dem 6. Jahrhundert stammt.
Ein „Wow“ entweicht uns als wir die Felskirche betreten.
Gut erhaltene, farbintensive und biblische Wandmalereien werden uns erklärt. Beeindruckt klettern wir wieder ins Tal und dürfen im kleinen Dorf des Scouts parken für die Nacht. Müde gehen wir in die Dorfbeiz und schmeissen eine Runde Bier, 10 Flaschen Fr. 7.-. Wir lernen den Dorflehrer kennen und die halbe Verwandtschaft des Scouts. Natürlich wären wir wieder zur Injera eingeladen. Doch wir ziehen ein Gemüsecurry im eigenen Auto vor.
Der Vater des Scouts mit Grosskind.
Fazit der Woche: Glaube verbindet
…wieder so klasse und lebendig beschrieben… Bin live dabei 🙂 Seid gegrüßt und umarmt… Christine